Es war eine der ersten leisen Atempausen, die uns die „Corona-Bürde“ gewährte. Der sonst so triefende Juni setzte ein lockendes Lächeln auf. Als schaute er selbst erleichtert und mit Vorfreude auf das Erwartete: Endlich wieder ein Theater. In einem echten Genussplatzl und unter freiem Himmel.

„Ich bin Künstler. Mein Name ist unwichtig. Die Kunst ist wichtig.“ Schwarze elegante Hose. Schwarzes kurzärmeliges Shirt. Barfuß und mit klarem, lautem Blick kam er heraus. Marius Zernatto. Neues, aufstrebendes Talent unter hiesigen Schauspielern. Er stellte sich selbst hinaus. Schlüpfte in die Rolle, in der er seine erfolgreiche Berufung gefunden. Bis Corona kam und das öffentliche Kulturleben in beschwerliche Fesseln legte.
Unter dem rötlichen Schimmer der großen Sonnenschirme, hatte man spürbare Lust, in selbiges wieder einzutauchen. Und man wurde sich auch immer bewusster, worauf man sich eingelassen. Auf einen bereichernden Abend der launigen, ans eigene Gewissen und an die Menschlichkeit appellierenden nachhaltigen Botschaften. Zwischen Genuss und Achtsamkeit. Begleitet von der begrüßenswerten Philosophie des Gastgebers Peter Kramer vom Gegendtalerhof in Treffen am Ossiachersee in Kärnten. Der kulinarische Hauptdarsteller solle das regionale Produkt sein.
Im Gastgarten vermengen sich Darstellungs- und Zuschauerraum. Eine Ebene, die Nähe schafft. In der man sich noch direkter angesprochen fühlt. Dass sich das gleichgültige Murren vorbeifahrender Autos in das Gesprochene mischte, verstärkte nicht nur die Momentaufnahme sondern weckte auch den Gedanken daran, wie fein so ein Theaterraum doch ist.
„Die Kunst wird von der Politikmaschine schon lange wie ein alter Lasten-Hänger nachgezogen, und hinten, über dem Nummernschild ein kleiner Aufkleber: Kulturnation.“ Unverblümt und doch pointiert. Mutig und Farbe bekennend. So sitzt der erste der Monologe, der die Wüste des Künstlerlebens in einem Land aufzeigt, das sich so gerne als Wiege der Großen rühmt, von ihnen profitiert und dennoch die kulturelle Pflanze in der Corona-Dürre so unfassbar lange, tolpatschig und sträflich zu übersehen schien.
„Und die Unterstützungen, die wir bis jetzt von der Regierung gekriegt haben, fühlen sich maximal an wie die Tropfen, die beim Einschenken daneben gehen.“ Der Aperitif perlte noch wie Zernattos erfrischende Wandelbarkeit. Mit dem Charme nuancierten Kärntnerisches zeichnete er die authentische Basis für die nachfolgenden Charaktere. Der Gastronom, der vor dem Hintergrund strikter Corona-Maßnahmen sein Genuss-Platzl gefährdet sieht und sich für Kind, Kegel, Betrieb und pflegebedürftige Mutter etwas mehr an Unterstützung erhofft hätte. Der Landwirt, der im Wesen der Natur die große Chance einer Rückbesinnung und Entschleunigung vor dem Wahnsinn des maßlos wuchernden Wirtschaftswachstums erkennt.
Mit den drei Corona-Monologen, erarbeitete Zernatto drei Charaktere mit ihren Perspektiven im Umgang mit der Krise. Drei Stimmen, die zwar unterschiedliche zu sein scheinen, aber geeint die essentielle Botschaft vermitteln, dass die Virus-Causa keine Branchen-, keine zwischenmenschlichen Grenzen kennt. Aufzeigend, dass wir Menschen zusammenhängen, einander brauchen. Und die Umwelt, die uns umgibt. Ein Appell, der ins Gedächtnis ruft, nicht zu schnell das zu vergessen, was uns in diesen Zeiten blühte und noch blüten wird. Der Politik daran erinnert, die Solidarität der Unterstützungsmilliarden ernst zu nehmen. Und in Verbindung mit der kulinarischen Location eine Chance aufzeigt, wie Theater und Kooperationen zu Corona-Zeiten möglich sein können.
Zernatto packte seine Ukulele aus und begann zu singen. Die ersten Biere verloren ihren Schaum und die Lust auf mehr war geboren. Mein Applaus für die großartige Einzelperformance. So ein Theater.