Mit „Solo Para Ti“ (Spanisch: „Nur für dich“) präsentiert der oberösterreichische Musiker, Komponist und Kulturvermittler Andreas Neubauer ein besonderes Konzerterlebnis. Südamerikanische Rhythmik und Lebensfreude gepaart mit symphonischem Orchesterklang. In Form einer Suite. Im KULTURTODATE-Interview erzählt Neubauer über die Hintergründe dieser Komposition, die Bedeutung der Musik und über seine aktuellen Projekte.
Könnte die Biographie eines Musikers nicht besser beginnen als unter einem Instrument? Wie kam es dazu?
Neubauer: „Meine Eltern waren semiprofessionell als Sänger tätig und dadurch stand auch ein Flügel bei uns zu Hause. Bei einem Erdbeben, das auch unsere Wohngegend getroffen hat, verstreckte ich mich unter dem Klavier und fühlte mich dort sicher. Ein Vorzeichen? Tatsächlich nahm ich allerdings erst ab 12 Jahren Klavierunterricht.“
Wann und wie haben Sie gemerkt, dass Musik etwas in Ihnen entfacht, wie nichts anderes?
Neubauer: „Ich habe Kirchenorgel gespielt und durfte in der Kirche in unserer Nähe die Orgel benutzen. Da habe ich einmal in der leeren, dunklen Kirche mit vollem Werk improvisiert und habe dabei so etwas wie einen Rausch – ein erhebendes Gefühl – gehabt. Ich bin dann, nach Verlassen der Kirche, heimgeschwebt.“
Warum ist Musik(unterricht) wichtig?
Neubauer: „Es ist sehr wichtig, Kinder zu ermutigen, sich mit kreativen Dingen zu beschäftigen. Sei es Musik, Malerei, Dichtung, kreatives Arbeiten, Schauspiel usw. Einseitige Betrachtung von Dingen führt nicht zum Ziel. Jeder Mensch sollte lernen, durch Kreativität, verschiedene Blickwinkel bei seinen Betrachtungen zuzulassen und auch einzunehmen. Musik kann hier einen wertvollen Beitrag leisten und kann Menschen ganz tief berühren.“
Was ist das Besondere an der Kunstform „Musik“?
Neubauer: „Sie ist direkt. Sie ist im Augenblick. Ich kenne keine andere Kunstform, bei der ich Gänsehaut bekommen kann. Sie ist eine doch recht universelle Sprache.“
Warum hat Sie bereits in jungen Jahren Bach fasziniert?
Neubauer: „J. S. Bach war für mich immer der Größte. Als Kind hörte ich schon die Toccata in d-Moll und das Weihnachtsoratorium. Hat mich extrem beeindruckt. Später lernte ich die unglaubliche Raffinesse seiner Harmonik schätzen.“
Die Musik ist ein ganz besonderes Phänomen. Das Verkörpern und das Verkörpernde der Musik auf der einen Seite. Auf der anderen Seite das Entkörperte und Begeisternde. Worin lag für Sie das „Berauschende“, Teil eines Klangkörpers zu sein?
Neubauer: „Diesbezüglich habe ich als Jugendlicher, dann als Student, drei wichtige Erfahrungen gemacht. Mitten im Klangrausch zu sitzen beim Spielen einer Kirchenorgel. Das Verdi-Requiem in einem großen Chor mitsingen zu können. Als Kontrabassist in einem großen Orchester mitspielen zu können. Hier fallen mir zwei Komponenten ein, die hier passieren. Erstens: der unglaubliche Klang und man ist mitten darin eingebettet. Zweitens: das Gemeinschaftserlebnis, gemeinsam an etwas Gewaltigem beteiligt zu sein.“
Warum ist das Spannungsfeld zwischen Stadt und Land für Sie eine wichtige Inspirationsquelle? Was schöpfen Sie aus diesem Input?
Neubauer: „Ich bin in Linz geboren und finde die Stadt künstlerisch sehr interessant. Salzburg als Studienstadt habe ich nicht wirklich erlebt, da ich viel gependelt bin. Das Leben in einer kleinen Gemeinde finde ich gut, weil ich hier immer, wenn ich will, arbeiten kann. Auch ohne jemanden zu stören. Und weil die frische Luft gleich vor der Haustüre ist.“

Wann und wie kam die Idee zu „Solo Para Ti“ und was steckt hinter diesem Projekt?
Neubauer: „Ich spiele schon seit geraumer Zeit in einem Ensemble, das sich mit Latin Music beschäftigt. Außerdem begann ich immer mehr, mich mit Arrangieren und Komponieren zu beschäftigen. Dann war da auch noch meine Affinität zur Barockmusik. Nach der Arbeit an meiner Oper Totarec, wollte ich weiter für ein großes Ensemble schreiben. Der Gedanke, die Latin Band in einen orchestralen Rahmen zu stellen und das Ganze zu einer Suite zu formen, gefiel mir sehr.“
Was fasziniert Sie an der südamerikanischen Musik?
Neubauer: „Die Rhythmik. Das ist der Punkt, der in der europäischen Musik gerne etwas zu kurz kommt. Die europäische Musik hat in der Harmonik und in der Melodik Unglaubliches geleistet. In der Rhythmik sind es -unter anderen – die Afrikaner. Dazu kommen die vielen Farben, die diese Musik hat. Die Lebensfreude, die sie ausstrahlt.“
Was war an der Umsetzung von „Solo Para Ti“ besonders herausfordernd?
Neubauer: Mir war wichtig, dass das Orchester einen wesentlichen Teil am musikalischen Geschehen übernimmt und nicht nur reine Begleitaufgaben bekommt. Die typischen Rhythmen dürfen aber natürlich nicht vernachlässigt werden. Und: Improvisation muß und darf ihren Platz haben.“
Was erwartet das Publikum mit „Solo Para Ti“?
Neubauer: „Ein toller Abend.“
Als Musiklehrer: Was ist Ihnen ganz besonders wichtig, Ihren Schülern zu vermitteln und mit auf den Weg zu geben?
Neubauer: „Dass Musik das Leben bereichert. Dass das Erlernen eines Instruments zwar Arbeit und oft genug mühsam ist, sich aber immer bezahlt macht.“
Was wünschen Sie sich für die Weihnachts- und Adventzeit?
Neubauer: „Meiner Mutter habe ich auf die Frage, was ich mir zu Weihnachten wünsche, jahrelang immer die gleiche Antwort gegeben: einen neuen Synthesizer – den ich allerdings nie bekommen habe. Ich wünsche mir, dass es möglich wird, wieder entspannt Musik und Konzerte machen zu können und damit uns selber und den Menschen, die sich das anhören, Freude und Inspiration geben können.“
Was macht für Sie den Reiz der Improvisation aus?
Neubauer: „Die Improvisation ist im Grund spontane Komposition und kann dadurch immer genau auf die momentane Stimmung – auf die eigene oder die des Publikums – eingehen. Diese Form des Musizierens ergänzt, meiner Meinung nach, sehr gut die durchdachte, geschriebene Musik. Improvisieren ist freier und persönlicher, verlangt aber viel musiktheoretisches Wissen.“
Mit welchen aktuellen Projekten sind Sie beschäftigt?
Neubauer: „Im ersten Lockdown habe ich gerade ein Musical fertiggestellt mit dem Titel Casanova. Es handelt sich um die Geschichte des alternden Casanova. Tragisch und witzig. Wieder ein Bezug zur Barockmusik. Da es im Libretto um den geschichtlichen Casanova geht, habe ich hier barockhafte Musik mit meiner Musik gemischt. Im Moment schreibe ich Lieder zu Texten eines Linzer Autors.“
Glauben Sie, hätte Bach etwa den Samba gekannt, hätte er auch so etwas wie eine südamerikanische Suite geschrieben?
Neubauer: „Nachdem sich Bach als Komponist sehr intensiv damit beschäftigt hat, was gerade sehr modern war, und die Möglichkeiten, die sich ihm boten, extrem ausgeschöpft hat, nehme ich an, dass…“
„Solo Para Ti„-Premiere: 8. und 9. Oktober 2021 in der Spinnerei Traun. | Es spielen die Carin Cosa Latin Band und das Modern Symphonic Orchestra.
Nähere Informationen auch auf der „Solo Para Ti“-Homepage.
Die CD wurde bereits eingespielt und ist bei Andreas Neubauer erhältlich.