Filzmoos im Salzburger Pongau. Wildromantisch und sanft schmiegt sich der frisch gefallene Schnee um eines der schönsten Bergdörfer Österreichs. Die Einheimischen schätzen ihre Winterheimat Filzmoos sehr. Sie füllen die Momente der kalten Jahreszeit mit Gemütlichkeit, Tradition und Genuss. In warmer Stube oder in schneegekleideter Natur. Auch wenn der Winter mitunter viel Arbeit macht. Regisseur Christian Papke begegnet in dieser ORF III Heimat Österreich Neuproduktion herzlichen Menschen, die ihre Region im Winter auf besondere Weise bereichern.
Auf 1755m Seehöhe, in nahezu winterlicher Abgeschiedenheit, liegt die Karhütte. Ihren Betreibern Bertram und Marianne Simonlehner ist zu verdanken, dass die kleine Hütte hoch über Filzmoos heute ein beliebtes Ziel entlang der Höhenloipe Roßbrand in den Salzburger Schieferalpen ist. Sie haben dieses Kleinod vor etlichen Jahren für sich entdeckten. Aus dem anfänglichen privaten Rückzugsort wurde eine kleine Oase für Winterhungrige. Der Schnee meint es gut. Regelmäßig muss Bertram den Eingang und die Terrasse freischaufeln. Für den gelernten Mechanikermeister nichts Neues: „Vor zwei Jahren haben wir einen Meter über dem Giebel noch Schnee gehabt. Dann kommst du rauf und siehst gar nichts. Wir mussten beim Lift anrufen. Die haben uns dann mit dem großen Pistenbully alles rausgepflügt. Den Rest müssen wir allweil selber schöpfen.“ Während Bertram Holz für den Ofen holt, bereitet Marianne, früher in einem Kindergarten beschäftigt, ihre Speisen zu. Kochen ist schwierig, weil es keinen Strom gibt. Daher bereitet Marianne alles zuhause vor und führt ihr Essen sodann mit dem Ski-doo auf die Hütte herauf. Trotz der Mühen gefällt ihr ihre neue Betätigung als Hüttenwirtin: „Ich tue das gern, weil ich da unter den Leuten bin, und da hat man auch so seine Schmäh, und das gefällt mir, und da fühle ich mich wohl.“ Diesmal können sich die Gäste auf eine Kaspressknödelsuppe freuen. Heute sind es Schneeschuhwanderer, die in der Karhütte einkehren. Mit dabei Edi Vierthaler, den Bertram aus Bergrettungszeiten kennt. Edi, ein erfahrener Alpinist, genießt das Prickelnde des Winters: „Es geht der Wind. Es ist kalt im Gesicht. Ich spüre den Schnee, und da fühle ich mich so, als wie der Körper ein ganz ein Neuer ist. Wie in einem Entspannungsbad.“ Ähnlich gewinnbringend ist für ihn das Unterwegssein mit Schneeschuhen: „Das Besondere am Schneeschuhwandern ist dieses fast meditative Gehen. Man kommt da in so einen Trott rein und dann die ganze Atmosphäre.“
Im Ortskern von Filzmoos schnallt sich Christian Salchegger ganz andere Bretter an. Der engagierte Landwirt vom Bögrainhof ist auch leidenschaftlicher Schifahrer und Schitrainer. Gemeinsam mit seinem Bruder hat er eine hofeigene Schischule ins Leben gerufen. Seine Tochter Eva Maria hat diese Leidenschaft mit in die Wiege gelegt bekommen. Mit drei Jahren erstmals auf Schiern unterwegs, ist sie heute im örtlichen Girlie-Demo-Skiteam, mit dem sie die Europameisterschaft in Samnaun in der Schweiz gewinnen konnte: „Es ist einfach so schön mit den Schi durch den Schnee. Es ist der Wind, die Freiheit.“ Auch ihre Mutter, Elisabeth Salchegger, ist sich der Schönheiten des Winters voll bewusst: „Der Kontrast zwischen Himmel und Erde ist da eigentlich total scharf. Und auch das Licht ist ganz anders. Das Licht ist eigentlich weicher, weil es ja viel flacher kommt – und durch das, dass wir auch in Filzmoos so eingebettet sind von den Wäldern und die Bäume dann alle so schön verschnieen sind – also, das hat schon ganz besondere Schönheiten.“
Im Winter bereitet Elisabeth auch das von ihrer Familie so geliebte Kletznbrot zu. Eine der Traditionen, die neben dem Räuchern in den Raunächten am Hof gepflegt werden. Es ist für die Bauernfamilie aber auch eine Zeit der Besinnung und der Reflexion. „Wer die Geschichte seines Landes oder eines Ortes oder seiner Vorfahren nicht kennt, der kann auch sein Land nicht regieren oder seinen Ort nicht regieren. Oder seine Familie auch nicht ordentlich durchführe durch die Zeit“, ist Christian Salchegger überzeugt.
Auch im Winter innovativ zu sein, das ist dem Bauern Nikolaus Rettenwender vom Kirchgasshof, einem der ältesten Bauernhöfe in der Region, eingefallen. 2003 begann er, anfangs belächelt, seine Idee vom Bauernhofeis in die Tat umzusetzen. „Da ist einmal drüber geschmunzelt worden und gelacht worden. Nein, der Bauer, wie soll das gehen? Zuerst ist er mit dem Güllefass oder mit dem Miststreuer unterwegs, und dann auf einmal sagt er, er macht Eis.“ Mittlerweile erfreut sich das Bauernhofeis, das aus der Milch hofeigener Kühe entsteht, großer Beliebtheit. Den Geschmack des Winters zaubert er mit Bratapfel, Preiselbeer und Zimt hinein. Die kalte Jahreszeit versüßt der Bauer aber nicht nur mit dieser besonderen Spezialität. Durch den Filzmooser Winterwald führt er Winterzauberhungrige mit seiner Kutsche, geduldige Noriker vorgespannt. Er führt hinüber zu den Hofalmen, wo eine allabendliche Winteridylle zum romantischen Schneespaziergang einlädt. Sein Sohn Stefan Rettenwender, der den elterlichen Hof einmal übernehmen wird, pflegt zudem eine weitere Familientradition: die Musik.
Fast magisch angezogen vom Wald im Schneekleid, lässt sich die begnadete Köchin Johanna Maier von der Winternatur inspirieren: „In Filzmoos ist eigentlich für mich noch mehr Winter, weil es liegt ein bisschen höher. Wir haben mehr Schnee, es sind besondere Berge da. Es ist ein ganz kleiner Ort und immer, wenn ich vor Weihnachten reingehe in die Almen, dann denke ich mir, ich schlage ein Märchenbuch auf. So schön ist es.“ Seit 50 Jahren Filzmoos heimatlich verbunden, ist es für Maier gerade die Natur, aus der der Mensch Kraft schöpft und in der ein Koch seine ureigensten Wurzeln findet: „Ein Koch, der keine Verbindung zur Natur hat – ich glaube, das ist ganz ganz schwierig. Weil Kochen ist ja Natur.“ Mit knisternder Wärme unterstreicht der Ofen ihre sichtliche Freude darüber, dass der Mensch wieder vermehrt zu seinem Ursprung findet.
Im Winter öffnen sich in Filzmoos aber auch ganz andere Perspektiven.Wenn man im Korb eines Heißluftballons über die sanfte, zugedeckte Waldlandschaft gleitet. Mit auf diese ganz besondere Reise nimmt uns Nicole Mayr. Die Chefin des Hotels Bischofsmütze, dem wahrscheinlich ältesten Gastbetrieb des Ortes, Sie ist die einzige Ballonpilotin der Gemeinde. Man spürt die Ruhe und die Ausgeglichenheit über den Wolken und kann sich buchstäblich treiben lassen. „Der Ballon lässt sich eigentlich nicht steuern. Beim Ballonfahren ist der Weg das Ziel“, so die Ballonfahrerin. Und auch Edi Vierthaler verdeutlicht die beruhigende Tiefe des sich auftuenden Horizonts mit dem einzigartigen Panorama: „Für mich ist die Natur ein Ausdruck Gottes. Und alles, was ich anschauen darf – ob es jetzt die Wolken sind, ob es der Himmel ist, ob es eine Blume ist, ob es ein Tier ist, ob es die Berge sind, ob es die Bäume sind – da fühlt man sich einfach ganz anders aufgehoben.“
Das alles findet sich in „Winterheimat Filzmoos“, dem neuesten Dokumentarfilm von Christian Papke am 13. Jänner 2021 (20:15 Uhr) auf ORF III.