Casanovas Musicalmemoiren

„Glücklich, wer sich Genüsse zu verschaffen weiß, ohne anderen zu schaden“, notierte ein sagenumwobener Mann Ende des 18. Jahrhunderts in seinen Memoiren. Wer kennt ihn nicht? Den weltberühmten Venezianer Giacomo Casanova. Selbst sprichwörtlich gewordener Inbegriff des gewitzten Frauenhelden, wird er von zwei oberösterreichischen Künstlern für die Musicalbühne neu entdeckt.

Die Idee sich mit dem abenteuerlustigen Lebemann auseinanderzusetzen, hatte der aus Rainbach im Innkreis stammende vediente Schriftsteller und Dramatiker Friedrich Ch. Zauner. Mit 85 legt er damit noch einmal eine literarische Tat hin, die Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798) in ein etwas anderes Licht rücken und seinen verklärten Legendenstatus etwas aufbrechen möchte.

Nach seinen Reisen durch Europa, findet Casanova in Schloss Dux in Böhmen eine scheinbar letzte Station. Doch beginnt hier neuerlich die große Reise seines Lebens, als er ab 1790 in seinen Memoiren das Erlebte Revue passieren lässt. Sein naher Begleiter unterwegs, sein Sekretär, schreibt die Erzählungen seines Herren nieder. „Was hat der Mann, das andere nicht haben?“, fragt er in seinem geerdeten Bariton (im sogenannten Mannlied des Sekretärs). Hier schwingt die Erkenntnis mit, dass das Phänomen Casanova mehr durch die Legenden denn durch die Persönlichkeit glänzt. Eine der gewitzten Intentionen, die der Text mit sich bringt.

„Ich finde es witzig, auch deshalb, weil ein wenig mit dem Klischee aufgeräumt und die Idee von gehypten Personen hinterfragt wird. Warum ist jemand berühmt? Was macht das mit der Person und mit denen, die sie verehren?“
(Andreas Neubauer, Komponist von Casanova)

Die Musik zu diesem Musical stammt vom gebürtigen Linzer Andreas Neubauer. Einer, der es versteht, Brücken zu schlagen und Genres farbenfroh ineinander verfließen zu lassen. Äußerst treffend für die Akzentuierung eines schillernd geschilderten Mannes wie Casanova.

„Der Librettist Herr Zauner wollte barockhafte Musik in dem Stück haben und kam mir damit sehr entgegen. Ich habe versucht, Zitate und Bearbeitungen von barocker Musik mit verschiedenen anderen Musikstilen bis zum Salsa zu verbinden.“
(Andreas Neubauer, Komponist von Casanova)

Die musikalische Fülle reflektiert das Üppige des Barock und trägt es bis ins vertraute Heute. Auch der Protagnist ist, obgleich zeitlos, ein Kind seiner Mode und ein Unikum. Das mag erstaunen, wenn er den Mund aufmacht. Als Countertenor erinnert er an die Tradition der Kastraten, die häufig Starstatus in der Opernwelt genossen und Heldenrollen verkörperten. Als unterstreiche es auch das Entrückte, das Außergewöhnliche des Protagnisten. Und verzerrt zugleich das Klischeebild, wofür Casanova steht: Die maskuline Amourenfreude.

„Casanova ist im Musical Countertenor, weil es in der auslaufenden Barockzeit spielt. In dieser Zeit war die Stimmgattung sehr gefragt. Außerdem hat das etwas Dekadentes. Das passt, wie ich finde, sehr gut zu dem Typ .“
(Andreas Neubauer, Komponist von Casanova)

Zu den Solisten gesellt sich die Figur Katharina, verkörpert von einer Jazz-Sängerin.
Sie hat gehört, dass Casanova auf seiner Durchreise in ihrem Ort Station machen wird.
Eingenommen vom Ruf des umtriebigen Venezianers, wäre sie sofort bereit, sich von ihm verführen zu lassen und vermutet denselben im vorausgeschickten Sekretär.
Komplettiert wird das Solisten-Ensemble von einer Tänzerin. Sie ist verschleierte Braut einer Hochzeit, die vonstatten geht, als der echte Casanova eintrifft. Das weckt in ihm nie erloschene Abenteuerlust. Ein neues Skandälchen ist vorprogrammiert.

Eine originelle Idee der Musicalmacher ist es, den jeweiligen Aufführungsort des Stücks zum Durchreiseort Casanovas zu erklären.
Eine bunte und charmant durchdachte Abhandlung über einen, der sich – auch im Trost des Schreibens – zu inszenieren verstand und die Worte beflügelte: „Die Liebe besteht zu drei Viertel aus Neugier“.

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